Sieben Nationen unter einem Dach
Sieben Nationen unter einem Dach im Haus Sonnenwinkel: Das Sprachcamp der Kinderhaus Wittlager Land gGmbH hat Jugendliche aus Afghanistan, Syrien, Eritrea, Guinea, Albanien, Libyen und Deutschland an einen Tisch gebracht. „Als Schwerpunktthema hatten wir die Reflexion und Förderung persönlicher, sozialer, interkultureller und beruflicher Kompetenzen gewählt“, sagt Denise Peters. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Heidi Reichinnek und Studentin Maria Stroth aus Göttingen hatte sie die Verantwortung. Ermöglicht wurde das Camp durch die Niedersächsische Lotto-Sport-Stiftung.
Die meisten der 26 Teilnehmer haben ausländische Wurzeln. Sie sind minderjährig und ohne Familienangehörige nach Deutschland gekommen. „Im Hinblick auf die Hauptzielgruppe ging es vor allem um die Förderung, den Erwerb und den Ausbau der Deutschkenntnisse. Unter Anwendung verschiedener Methoden haben wir uns teils mit der Großgruppe, teils in Kleingruppen mit den genannten Kompetenzen beschäftigt und sie erweitert“, erklärt Denise Peters.
Das bedeutet aber nicht, dass die Jungen im Seminarraum sitzen und schlicht „pauken“ mussten. So durften sie zum Beispiel zwei Mitarbeiter des Haus Sonnenwinkel zu deren beruflicher Laufbahn befragen, sollten ihre persönlichen Stärken benennen und eine Selbsteinschätzung abgeben. „Außerdem haben sie sich über ihre Erfahrungen aus der Heimat ausgetauscht. Einer hat als Taxifahrer gejobbt, ein anderer als Schneider. Das zu hören war für alle sehr interessant“, berichtet Heidi Reichinnek.
Durch das Kultursimulationsspiel „Barnga“ haben die Teilnehmer ihre Migrations- und Integrationserfahrungen reflektiert und darüber diskutiert, wie Integration gelingen kann. Der Spielfilm „Almanya. Willkommen in Deutschland“ dürfte Erinnerungen geweckt haben: Eine türkische Familie kommt nach Deutschland, vor allem die Erwachsenen verstehen zunächst nur Kauderwelsch. Im Laufe des Films wird das Kauderwelsch aber immer verständlicher, da die Charaktere mit der Zeit die deutsche Sprache immer besser verstehen.
Passend zu solch einer Einwanderungsgeschichte haben sie sich im Niedersächsischen Landesmuseum in Hannover die Ausstellung „Immer bunter“ angesehen: 800 Objekte bilden die Facetten und Etappen der Einwanderung seit dem Zweiten Weltkrieg ab und erzählen Geschichten aus den unterschiedlichsten Perspektiven bis heute. Und apropos Perspektiven: Mit Games & Ropes Erlebnispädagogik ging es in den Hoch- und Niedrigseilgarten unweit der Unterkunft auf dem Essenerberg. „Jeder konnte eine Rolle übernehmen. Manche sind mutig hoch hinaus, andere sind lieber auf dem Boden geblieben und haben die Kletterer abgesichert. Sie haben toll zusammengearbeitet“, lobt Denise Peters.
Kommunikation und Zusammenarbeit waren auch beim Basketball mit Trainer Lars Herrmann (TuS Bad Essen) gefragt. Beim Trommelworkshop mit Barbara Otto Ayissi konnten sie ihr musikalisches Talent an afrikanischen Trommeln zeigen. „Wir haben festgestellt, dass viele schon Erfahrungen in ihrer Heimat damit gemacht haben und jedes Land ganz unterschiedliche Techniken hat“, so Heidi Reichinnek.
Aron, Ermias und Major sind drei Jungen aus Eritrea. Sie waren erstaunt und beeindruckt, dass eine deutsche Frau die afrikanischen Trommeln so gut beherrscht. Warum machen sie bei diesem Sprachcamp mit? „Neue Leute kennenlernen, neue Wörter lernen und Spaß haben“, antworteten sie. Ermias und Major wohnen in Melle, Aron in Detmold. Während Aron schon seit September 2015 in Deutschland ist, sind Ermias und Major noch keine zehn Monate hier. Trotzdem verstehen sie sehr viel Deutsch und sind kommunikativ. „Die Menschen in Deutschland sind sehr freundlich. Gleichberechtigung ist hier wichtig. Das ist gut“, sagt Major, der in Melle Basketball spielt.
Am letzten Abend gab es ein Grillbüfett mit landestypischen Speisen. Zum Abschluss erhielt jeder auch noch ein Zertifikat. Maria Stroth hat zum dritten Mal ein Sprachcamp begleitet. Die Ergebnisse ihrer wissenschaftlichen Evaluation stellt sie Denise Peters und Heidi Reichinnek zur Verfügung. Diese werden in die Konzeption des nächsten Feriensprachcamps einfließen. „Ich schaue, was gut ankommt und überlege, was noch besser laufen könnte“, beschreibt sie ihre Aufgabe.
Was gut war und was aus Sicht der Teilnehmer noch besser sein könnte, das wurde am letzten, dem achten, Tag besprochen. Die Erwartungen der drei Jungen aus Eritrea sind auf jeden Fall erfüllt worden.
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