Stille in der vollen Turnhalle
In der Turnhalle einer Grundschule geht es eigentlich recht laut und turbulent zu. Besonders wenn drei Klassen gleichzeitig vor Ort sind. Doch an diesem Vormittag in Bad Essen war es teilweise sogar mucksmäuschenstill. Das lag an Anne Eisenblätter und Jörg Artmann von der Theaterpädagogischen Werkstatt Osnabrück. Das Theaterstück „Die große Nein-Tonne“ orientiert sich an Alltagssituationen der Kinder – und war sicherlich gerade deshalb so fesselnd für die Mädchen und Jungen der 1. und 2. Klassen.
Manchmal zeigen Kinder ihre Nein-Gefühle, aber Erwachsene gehen über sie hinweg. Etwa weil sie aus ihrer Verantwortung heraus denken, dass sie es besser wissen. Dabei sind die Nein-Gefühle der Kinder wichtige Signale, die Aufmerksamkeit brauchen. Mit dem Theaterprogramm „Die große Nein-Tonne“ nimmt die Theaterpädagogische Werkstatt die Zu- und Abneigungen der Schülerinnen und Schüler ernst. Sie werden ermutigt, ihrer Selbstwahrnehmung zu vertrauen und ihre Nein-Gefühle zu verteidigen. Zu wissen, dass sie ein Recht auf körperliche Selbstbestimmung haben, sei für Kinder ein wichtiger Selbstschutz.
Im Spiel vermitteln Anne Eisenblätter und Jörg Artmann, dass es in gewissen Situationen völlig in Ordnung ist, ein Nein-Gefühl zu haben und dieses auch zum Ausdruck zu bringen. Niemand müsse eine Mutprobe machen, niemand könne dem Kind sagen, ob die Suppe zu heiß ist oder nicht. Auch Prügeleien bewirken ein Nein-Gefühl und gehören in die Tonne. „Wozu hat man denn den Mund?“, fragte ein Kind und unterstützte damit die Botschaft des Duos: „Fast alle Situationen lassen sich mit Worten lösen.“ Sie gaben aber auch zu: „Nein sagen ist mutig – und manchmal auch gar nicht so einfach. Ihr könnt euch aber immer Hilfe holen.“
Allerdings gehöre auch nicht jedes Nein-Gefühl in die Nein-Tonne. Gewisse Regeln zum Beispiel sind für das Miteinander notwendig. Und auch wenn Zähne putzen nicht unbedingt zu den Lieblingsbeschäftigungen von Kindern zählt, ist es trotzdem sinnvoll, „denn wir möchten ja keine schlechten Zähne bekommen“.
Anne Eisenblätter und Jörg Artmann besuchen etwa 60 Schulen im Jahr. Sie decken einen Radius von rund 150 Kilometern um Osnabrück herum ab. Selbst bei 150 bis 180 Aufführungen im Jahr macht es ihnen immer wieder Spaß. „Das liegt an den ehrlichen Reaktionen der Kinder. Sie flippen aus und sind lebendig dabei“, sagt Artmann. Anne Eisenblätter gefällt, dass die Mädchen und Jungen „in die Geschichten eintauchen“.
Dass das Duo in Bad Essen zu Gast war, geht auf die Initiative der Schulsozialarbeiterinnen Michaela Walter (Kinderhaus Wittlager Land gGmbH) und Lisa-Marie Hallermann (Regionales Landesamt für Schule und Bildung) zurück. „Wir können die dargestellten Situationen sehr gut im Sozialen Lernen aufgreifen“, sagt Michaela Walter. In diesem Klassentraining für die ersten Klassen besuchen die Schülerinnen und Schüler „Inseln“ zu verschiedenen Thematiken wie Kennenlernen, Freundschaft, Anders sein oder Streit. Es könne quasi täglich vorkommen, dass jemand auf dem Schulhof mal nicht mitspielen dürfe. „Das muss aber nicht unbedingt eine Form der Ausgrenzung sein. Manchmal liegt es an den Regeln – so dürfen zum Beispiel nur drei Kinder gleichzeitig auf der Nestschaukel sein – oder es gibt nicht ausreichend Spielgeräte.“ Die zweiten Klassen besuchen „Bahnstationen“. Aktuell steht das Thema Achtsamkeit im Mittelpunkt. „Also was fühle ich, und wie fühle ich mich in verschiedenen Situationen? Auch dazu passt dieses Theaterstück ideal“, sagt Michaela Walter.
Im Sozialen Lernen war die Aufführung dann auch direkt wieder Thema. Ein Erstklässler hatte ein weiteres Beispiel für ein Nein-Gefühl: Das Döppen im Schwimmbad. „Das muss in die Tonne, da kriegt man Angst“, war seine nachvollziehbare Erklärung.
Möglich wurde die Aufführung dank des Fördervereins der Grundschule, der alle Kosten übernommen hatte.
Übrigens: Auch die 3. und 4. Klassen haben sich eine Aufführung der Theaterpädagogischen Werkstatt angesehen. „Mein Körper gehört mir“ ist speziell für diese Altersklasse entwickelt worden und vertieft manche Inhalte, die auch schon in der „Nein-Tonne“ thematisiert werden.
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